Regenwald

Obwohl der Wald die ganze Insel bedeckt, ist er mir im Alltag des Camps kaum bewusst. Zur einen Seite erstreckt sich der Long Beach, auf der anderen Seite schließt sich das Dorf an und dahinter folgen weitere Bungalows  mit Tauchtouristen. Von der Hängematte auf der Veranda schweift der Blick über das weite, weite Meer. Hinter den Hütten erstreckt sich der Dschungel Koh Rung Samleoms, doch man sieht lediglich mittelhohe Sträucher und Büsche – nicht sehr spektakulär und ohne Durchkommen, da zu dicht gewachsen.

Etwa einmal in der Woche gibt es die Gelegenheit an einer Jungle Survey teilzunehmen, was sich für mich zunächst ziemlich wissenschaftlich anhörte, tatsächlich aber mehr ein Abenteuerspaziergang  ist. Hauptsächlich ziehen wir mit neuen Freiwilligen in den Dschungel um ihnen die Insel zu zeigen und versuchen dabei Affen zu finden (wir haben keine gesehen). Begleitet werden wir von zwei kambodschanischen Guides, die die Wege kennen und ihren Hunden, die Schlangen im Unterholz aufspüren sollen.

Die erste Erkenntnis auf meiner Dschungeltour: Ja hier ist es wirklich verdammt warm und schwül! Nach etwa 30 Sekunden tropft der Schweiß von der Stirn und die Hose beginnt an den Schienenbeinen zu kleben. Ich überlege, ob es Sinn machen würde, einem der Einheimischen das Konzept einer Sauna zu erklären, entscheide mich letztlich aber aus Angst als crazy barang abgestempelt zu werden dagegen. Barang ist ursprünglich der Begriff für einen Franzosen (Kambodscha war bis 1954 französische Kolonie), er wird aber gerne auch -leicht abwertend, oder belustigt- auf andere Weiße angewendet.

Sehr viel Schweiß im kambodschanischen Dschungel

Unsere kambodschanischen Guides lösen das Problem durch kurze Hosen und Flip Flops, wovon uns aber auf Grund der Anwesenheit von Schlangen (haben wir nicht gesehen) abgeraten wird. Im Endeffekt stellen sich sowieso die Ameisen als das größere Übel heraus, die beißen nämlich trotz fester Schuhe und langer Hose.

Die zweite Erkenntnis im Regenwald: Ziemlich grün das ganze hier. Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Häufig muss man gebückt gehen, denn der schmale Pfad ist überwuchert und einen der vor Stacheln strotzenden Äste bekommt man schnell zu spüren.

Ed zeigt uns verschiedene Orchideenarten, die an Bäumen wachsen, wie ich lerne aber nicht als Parasiten leben, sondern Nährstoffe aufnehmen, die sich an der Baumrinde ansammeln. Prinzipiell können sie deshalb auch auf Steinen gedeihen. Meine dritte Erkenntnis: Die Orchideen hier sehen ziemlich langweilig aus! Natürlich blühen sie meistens garnich und wenn, dann mit einer sehr kleinen Blüte, die zwar ansehnlich ist, mich aber auch nicht gerade vom Hocker haut. Wie mir erklärt wird bringen vor allem die stark gezüchteten Varianten besonders ausgefallene Blüten hervor, was sie so beliebt macht. Tatsächlich gibt es eine Kooperation mit Botanikern der Universität Phnom Penh, die auf Koh Rung Samleom Orchideenarten entdeckt haben, von denen man bisher annahm, dass sie nicht in Südostasien wachsen. Anscheinend waren sie ziemlich begeistert, was mir Erkenntnis vier einbringt: Botaniker werde ich in diesem Leben nicht mehr!

Auf unserer Tour gelangen wir zu einem kleinen Flusslauf, den man bereits aus der Ferne durch das dichte Grün plätschern hört. Es gibt kleine Stromschnellen und immer wieder münden andere Bäche in den Fluss. Das glasklare und außerdem trinkbare Wasser ist außerdem  ein willkommener Kontrast zum Wald selbst, der mir durch die schwüle und modrig riechende Luft bisher dreckig und erdrückend vorkam.

Auf dem Rückweg zum Dorf laufen wir auf Wegen des Militärcamps der Insel. Der Wald ist lichter, man muss sich nicht so sehr auf die Tritte konzentrieren, die Sonne scheint und trocknet den Schweiß. Plötzlich bellen die Hunde einer unserer Guides läuft in ihre Richtung. Aufgeregt deutet er in die Bäume, bedeutet uns still zu sein und murmelt etwas von „Monkey – monkey“. Gespannt blicken wir uns um und suchen die Wipfel ab, bis die beiden Kambodschaner loslachen. Ok, wir sind reingefallen, keine Affen weit und breit, weiter geht es.

Am Ende der Tour kommen wir noch an einigen Termitenhügeln, Tausendfüßlern und dem Skelett von einem im Antischlangeneinsatz gestorbenen Hund vorbei. Auf unserer Tour haben wir keine Tiere außer Ameisen in allen Formen, Farben und Größen und Tausendfüßlern (die waren alle ziemlich gleich groß) gesehen. Meine Erkenntnis Nr. 5: Irgendwie fehlt dem Regenwald hier etwas von der Ästhetik eines europäischen Laubwaldes, aber dafür ist er geheimnisvoller und wirklich grün!

Das Blau des Meeres scheint durch die Bäume – Long Beach wir kommen.

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  • Liebe Leser,

    auch wenn ich mich bemühe möglichst unbefangen über meine Erlebnisse zu schreiben, stelle ich doch stets mein eigenes (bekanntlich subjektives) Empfinden dar. Meine Berichte sollten daher Teil eines Mosaiks in eurem Kopf sein und keinesfalls ein Bild zementieren. Bitte achtet beim Betrachten der Fotos darauf, dass diese nur Schnappschüsse sind und nicht das Leben Kambodscha abbilden können!